Jagd in Südafrika

Jagd in Südafrika: Die Meinung eines Rangers

In Afrika, Begegnungen by shavethewhales5 Comments

Tavi ist Ranger und Manager einer Jagdlodge in Südafrika. Im glitzernden Pool, in den riesigen Himmelbetten, in den mosaikverzierten Jacuzzis machen normalerweise Großwildjäger Urlaub. Ihre Bilder hängen gerahmt an der Wand: Eine Familie neben einer Antilope, der Blut aus dem Auge läuft. In der Hand der kleinen Tochter ein Gewehr, das länger als sie selbst ist. Alle Grinsen. Ich spüre diese Art von Wut in mir aufsteigen,

DSC_0217bei der der Kopf immer ein bisschen rot wird und das Herz laut klopft und sage Tavi, wie ekelhaft ich sowas finde.

Er ist selbst Jäger, aber er stimmt mir zu, in jeder Branche gebe es Menschen, die sich falsch verhalten. Was ihn aber ärgert, sind die Menschen, die grundsätzlich gegen Jagen sind. Denn das, was in Südafrika wirklich gefährdet ist, ist das Ökosystem, nicht die Tiere, sagt er. Die Tiere sind das letzte Element des Systems. Wenn es zu viele werden, wenn sie die Knospen aller Bäume fressen und die Pflanzen zerstören, wird das Land irgendwann so zur Wüste, dass alles stirbt.

Tavi meint, dass der Krüger Nationalpark in ein paar Jahren zerstört sein könnte, wenn niemand etwas gegen die Elefanten tue, die sich zu stark vermehren. Er schimpf laut auf National Geographic, die „Lügen verbreiten“ und den Leuten weismachen, die Elefanten würden aussterben.

Wenn er redet, bewegt sich der Zahn des Löwen, der eng um seinen Hals gebunden ist, mit. Er hatte Glück, dass ihn der Löwe, dem der Zahn vorher gehörte, nicht gefressen hat. Angriffe von wilden Tieren sind normal hier im Busch. Sie gewöhnen sich nicht an Menschen, der größte Nashornbulle rammt immer noch gern Tavis Auto, auch wenn sich die beiden schon so oft getroffen haben. Und Tavi gewöhnt sich nicht an sie, es sind Tiere, die viel zu oft vermenschlicht werden, meint er.

Er lässt sie dann von Touristen schießen, wenn ihre Zähne so abgenutzt sind, dass sie nicht mehr fressen können. Ihm scheint das gnädiger, als sie verhungern zu lassen aber er weiß, dass viele Tierschützer das anders sehen und er bekommt ihren Hass oft zu spüren. Tavi bleibt immer freundlich, aber in seiner Stimme liegt viel Entschlossenheit. Vielleicht hat er die in den vielen Auseinandersetzungen mit den Menschen gelernt, die sein Tun als moralisch falsch erachten. Er erzählt mir von guten Jägern und von respektlosen. Von denen, die aus Spaß am Töten kommen und von denen, die den geschossenen Tieren ein Blatt als letztes Mahl ins Maul legen.

Er meint, der Reiz des Jagens muss nicht immer Mordlust sein. Für ihn ist es auch Geschicklichkeit und wie man ein Tier überlistet.
Er sagt auch, dass er keine Leute auf Elefantenjagd mitnimmt, die er zu fett findet. Weil man auf seinen Safaris 20km täglich laufen muss. Jagdtouristen, die aus dem Auto Elefanten schießen wollen, schickt er zu anderen Veranstaltern, ihr Geld will er nicht.

Er erzählt, dass er viele der Männer, die zu ihm kommen, verabscheut, weil sie nur jagen, um sich männlicher zu fühlen. Das macht sie noch mitleidserregender, noch erbärmlicher. Tavi hat sein Leben dem Busch gewidmet und den Tieren, die darin leben. Seit er klein ist, ist er mit ihnen in Kontakt. Vielleicht hat er von ihnen gelernt, kein unangebrachtes Mitleid zu empfinden? Er bewundert sie, respektiert sie und beschützt sie, sieht sie aber trotzdem als Tiere.

Ein Leben im Busch fordert viel Einsatz, viel Wachsamkeit, weil keine Sekunde nichts passiert. Mal gehen die Büffel aufeinander los, mal bricht sich ein Nashorn ein Bein, mal versucht ein Nilpferd, Touristen anzugreifen. Mal kommen nachts Wilderer. Tavi erzählt, wie er mit drei Stunden Schlaf pro Nacht funktioniert, ohne, dass es nach Beschwerde klingt. Es scheint, als tue er das, wozu er gemacht ist. Wenn er von den Menschen redet, die Tiere zu sehr vermenschlichen, redet er auch von mir. Ich kann mich nicht davon frei machen, Tieren menschliche Eigenschaften zuzuschreiben. Antilopen sehen mir aus, als würden sie jeden Tag um den Titel der Miss Busch kämpfen, wie sie da mit erhobenem Kopf durch die Gräser trippeln. Kudus haben so große Ohren, dass ich mir sicher bin, dass sie die Nilpferde für ihre Stummellauscher manchmal auslachen. Büffel wirken auf mich so lethargisch, dass ich schwören könnte, sie hätten ihren Joint genau dann versteckt, als das Safariauto um die Ecke bog. Sie hier zu sehen, bedeutet für mich viel Gänsehaut, Glückskribbeln und ein breites Grinsen im Gesicht, das so schnell nicht mehr weggeht.

Tavi, dieser Ranger mit der Pistole im Hosenbund ist jemand, dem ich sonst nie begegnet wäre. Dessen Leben ich niemals leben könnte, weil es mich einsam machen würde. Weil ich nicht die Energie dafür hätte. Was hätte ich von ihm gedacht, hätten wir nie miteinander gesprochen? Ich hätte ihn beim Blick auf den Zahn als Trophäe verabscheut, hätte ihn gefühlskalt gefunden, hätte mir sehr schnell mein Urteil gebildet. Es wäre alles so viel einfacher gewesen. Jetzt, nach diesem Gespräch, kommt es mir anmaßend vor. Für mich liegt immer noch nichts Ehrenwertes darin, ein Tier zu töten. Und ich würde niemals jemanden dafür bewundern. Aber ich bewundre Tavi dafür, wie er zu seinen Prinzipien und zu seiner Meinung steht. Es gibt niemals nur eine Wahrheit.

Was denkst du über Großwild Jagd in Südafrika?

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Danke an South African Tourism und Markenjury für diese Reise. Den Film zu dieser Reise gibt´s hier

Comments

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  2. Ein sehr gelungener Artikel, Caroline. Er regt zum Nachdenken an und macht deutlich, dass die erste Instinkt-Meinung aus dem Bauch heraus nicht immer die ganze Wahrheit beinhaltet. Mir dreht es sich im Magen um, wenn ich daran denke, wie ein Mensch mit Stolz und einem Lächeln einen majestätischen Löwen erschießt. Oder einen Elefanten, oder ein Impala. Und dennoch sind in der Tat Überpopulationen aufgetreten, die von uns Menschen reglementiert werden müssen. In dem Moment, in dem wir um die Tiere einen Zaun ziehen, müssen wir auch im Auge behalten, was innerhalb dieses Zaunes passiert. So wird es rein wirtschaftlich wohl wirklich die beste Lösung sein, ein Tier für fünfstellige Dollarbeträge schießen zu lassen anstatt es (mit anfallenden Kosten) selbst zu schießen, sofern das Geld wiederum dem Erhalt des Ökosystems zu Gute kommt. Richtig daran gewöhnen kann ich mich an diesen Gedanken allerdings nicht, sodass am Ende ein Kommentar unter deinem Artikel landet, der die ganze Diffusion meiner Meinung zu diesem Thema wiederspiegeln wird.

    1. Author

      Danke Alex, super Kommentar, das Thema ist eben nicht einfach und die ganze Diffusion spricht auch aus meinem Artikel…

  3. Ich würde auch gerne meinen Kommentar zur Jagd abgeben. Egal ob hier in Deutschland oder in Afrika, die Jagd wird immer versucht durch die Überpopulation von Tieren zu berechtigen. Das stimmt schon, dass man das Ökosystem schützen muss indem man Überpopulationen verhindert. Aber man muss sich mal fragen, wie es zu den Überpopulationen überhaupt kommt. Eigentlich gibt es ja eine natürliche Räuber-Beute Balance im Ökosystem. Es ist der Mensch, der diese Balance gestört hat. Ich weiß es nicht wie es in Afrika ist, aber in (Zentral-) Europa muss gejagt werden, weil es keine Räuber (Wölfe und Bären) mehr gibt. Und dann kommt noch die von Alex erwähnte „einzäunung“ dazu. Sei es durch tatsächliche Zäune oder zum Beispiel Autobahnen.

    Und obwohl ich gegen jegliche Art von Tötung von Tieren bin, finde ich die Fleischindustrie viel schlimmer! Wie oben beschrieben, jagen viele aus Spaß, aber auch die, die theoretisch etwas „gutes im Sinn“ haben, wie Tavi, werden als unmoralisch beschimpft. Ich finde das auch, ich würde auch nie jemanden bewundern der Tiere tötet. ABER ich finde was mit Nutztieren geschiet viel schlimmer. Die werden unter erbärmlichen Umständen gehalten, mit Antibiotika und genmanipuliertem Fressen gemestet und dann grausam getötet. Das spricht nicht nur gegen alle Rechte, die auch Tieren zugesprochen werden sollten, sondern ist auch noch schlecht für das Ökosystem. Aber das ist ein anderes Thema.
    Was ich eigentlich damit sagen will ist, dass wenn man Tavi als unmoralisch bezeichnet, selber aber totes Tier ist, man sich erstmal über seine eigene Moral gedanken machen sollte.

  4. Scheint ein interessanter Typ gewesen zu sein, der Tavi.
    Ich kann mich Alex und Doro nur anschliessen.

    Bin der Meinung, dass es eigentlich nichts verwerfliches am ursprünglichen Jagen gibt. Jagen ist für mich etwas normales. Der Mensch jagt schon sein „Anbeginn der Zeit“.
    Jemand der ein Wild im deutschen Wald schiesst und das dann verspeist – das ist aus meiner Sicht keines Wegs verwerflich. Das Tier hatte soweit ein schönes, freies Leben. Ein Zuchtschwein aus der Massenhaltung, welches später als Bärchen-Wurst endet, hatte das nicht. Oder noch schlimmer – Tiere die in den Versuchslaboren enden.

    Wie kann denn jemand, der sich einen Burger bei McDonalds reinschiebt oder sich Kosmetik verpasst ernsthaft über nen richtigen Jäger urteilen?

    Als ich in Südafrika war, haben wir auf einer Safari eine dunkel gefleckte Giraffe gesehen. Der Guide hat uns erklärt, dass die Helligkeit der Flecken das Alter angeben. Je dunkler desto älter. Sie würde wohl in ein paar Wochen zum Abschuss freigegeben werden.
    Das war in einer privaten Game-Lodge. Es gings nur um Profit – Kapitalismus im Jagdgeschäft. Traurig und für mich nicht nachvollziehbar. Weder wird es eine Herausforderung für den Schützen, noch einen tieferen Grund gehabt haben, die Giraffe zu schiessen. Das finde ich erbärmlich und zieht den Ruf der Jäger mit Prinzipien (wie Tavi) leider in den Dreck.

    Deshalb ist es entscheidend was der Mensch aus dem Jagen macht. Ein 300 Pfund Mann, der einen fünfstelligen Betrag des Kicks wegen zahlt und dann aus dem Jeep heraus ein Tier schiessen will – naja der sollte wohl lieber ein Computergame spielen.

    Wobei ich das wohl nun nicht mehr als Jagen bezeichnen will…

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